# Junge Dame mit Perlenhalsband
[Gemäldegalerie](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=institution&instnr=12)
Inventarnummer: 912B
Beschreibung
Eine junge Frau steht an einem Tisch und blickt aufmerksam in einen Spiegel, der ihr gegenüber an der Wand hängt. Sie ist eben dabei, sich eine Perlenkette, die sie an gelblichen Bändern gefasst hält, umzulegen. Durch ein bleiverglastes Fenster fällt kühles Licht ein. Auf dem Tisch befindet sich ein stillebenhaftes Arrangement von einer Deckelvase, Draperie, Puderquaste, Schmuckkassette und Kamm. Vermeer schuf hier durch die differenzierten tonalen Abstufungen ein meisterhaft fein nuanciertes Kolorit, dass durch Gegenüberstellungen wie dem Gelb des Vorhangs und der pelzbesetzten Jacke mit dem dunklen, blauschwarzen Vordergrund zusätzlich gesteigert wird. Indem er den Fluchtpunkt des Bildes etwas oberhalb der Tischplatte ansetzte erzielt er eine Monumentalisierung von Figur und Gegenständen. Durch den vom Bildrand vorne rechts überschnittenen Stuhl erreichte er eine Tiefenwirkung und steigerte zugleich den Eindruck der Intimität.
Auf den ersten Blick scheint Vermeer hier, wie etliche seiner Malerkollegen, das in den 50iger und 60iger Jahren sehr beliebte Thema der Morgentoilette umgesetzt zu haben. Tatsächlich haben Maler wie Gerard ter Borch oder Frans Mieris vergleichbar intime Lösungen gefunden, die Vermeer möglicherweise auch als Anregung für sein Gemälde dienten. Vermeers Darstellung beinhaltet jedoch nicht – wie lange angenommen - die schlichte Schönheit und Attraktivität einer jungen Frau bei der Toilette. Auch enthüllt sich hier nicht in erster Instanz der verborgene Sinn einer moralischen Belehrung als Warnung vor der Hingabe an den irdischen Luxus (Vanitas) oder zu großer Hochmut (Superbia). Vielmehr erreicht Vermeer durch die Reduktion von Handlung, Gegenstand und Farbigkeit eine inhaltliche Verschiebung. Die Darstellung verliert ihre Eindeutigkeit. Im Gegensatz zu den thematisch verwandten Werken seiner Zeitgenossen präsentiert Vermeer dem Betrachter hier keine belehrenden Lebensweisheiten sondern die sinnliche Komplexität visueller Wahrnehmungsprozesse.
In diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich sind die in technischen Aufnahmen sichtbaren Korrekturen, die Vermeer während des Malprozesses vornahm. So lag auf dem Stuhl im Vordergrund rechts ursprünglich ein lautenähnliches Saiteninstrument. An der Wand hing hinter der Frauengestalt eine bereits in groben Pinselstrichen angelegte Landkarte, wie sie auch auf verschiedenen anderen Gemälden Vermeers zu erkennen ist. Beide Motive wurden von dem Maler jedoch aus ästhetischen und kompositorischen Gründen aus dem Bild entfernt, indem er sie übermalte. War die Bildanlage zuvor aufgrund der vielen dargestellten Gegenstände dichtgedrängt und unruhig, so richtet sich das Interesse des Betrachters nun unmittelbar auf die Frauengestalt, deren Blick die in feinsten Werten schattierte Wand überbrückt und die Aufmerksamkeit des Betrachters auf den Spiegel links lenkt. Die gesamte Aufmerksamkeit richtet sich auf das Wechselspiel zwischen der Gestalt der jungen Frau und ihr für den Betrachter nicht sichtbares Spiegelbild. Der Blick des Betrachters folgt dem ihrem zum gegenüberliegenden Spiegel und wird in einer Art Kreisbewegung über die Draperie auf dem Tisch zu ihrem angewinkelten Fingern der linken Hand zum Gesicht zurückgeführt. Eine narrative Zeitlichkeit ist hier verbannt, es dominiert die Konzentration auf die Sinnlichkeit des Sehvorgangs. Für diesen künstlerisch genialen Zug bedurfte es einer leeren, den Blick nicht ablenkenden Wand, die nun im Zentrum des Bildes steht. Nicht ohne Grund sind denn auch die im Vordergrund zu erkennenden Gegenstände nur reduziert und stark verschattet dargestellt.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019
SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. an der Tischplatte: IVMeer (IVM in Ligatur)
Material/Technik
Leinwand
Maße
56,1 x 47,4 cm
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- Gemalt ...
+ wer: [Jan Vermeer (1632-1675)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=47255)
+ wann: 1663-1664 [circa]
+ wo: [Delft](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=98)
- Verkauft ...
+ wer: [Barthold Suermondt (1818-1887)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=164569)
+ wann: 1874
+ wo: [Aachen](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=524)
+ Sammlung des Bankiers B. Suermondt, Aachen
## Links/Dokumente
- [Das Objekt bei SMB-digital](http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=863178)
## Schlagworte
- [Dame](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=5180)
- [Gemälde](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=266)
- [Leinwand](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=17255)
- [Malerei](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=106)
- [Spiegel](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=5973)
- [Spiegelbild](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=15286)
- [Stuhl](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=79)
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Stand der Information: 2021-07-23 16:35:16
[CC BY-NC-SA @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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- http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=863178&resolution=superImageResolution#1039881